Unser Treffen 2000

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Quelle:NW Nr.187/2000

Carotta ist der Schnellste

15.Käfer-Schau auf dem WISA-Gelände

Bielefeld-Sennestadt. Warum bremst der Kerl nicht? Der 180-PS Motor prügelt sein Wummern in die Gehörgänge von Fahrer und Beifahrer. Fliehkräfte zerren an den Nackenmuskeln. Und die Pylonen am Fahrbahnende, vor Sekunden noch winzige orange Pünktchen, werden immer größer. Aber Mariano Carotta tritt weiter drauf.

   Dann endlich geht er in die Eisen, und die Porsche-Bremsen packen kräftig zu. Während die Breitreifen blockierend über den Schotter schlittern, presst es die Insassen in die Gurte. Ein paar Meter vor den Pylonen kommt der Wagen zum Stehen. Endlich. Zehn Sekunden können so lang sein.

   Nichts wie raus hier! Mit schmerzendem Nacken klettert der Beifahrer über eine der Metallstreben, die die Karosse zusätzlich stabilisieren, und steht wieder mit beiden Beinen auf der Erde. Von außen sieht die Kiste ganz harmlos aus: Ein dunkelroter Käfer, Baujahr 1984. Nur das Porsche-Emblem, das unter den edlen Felgen hervorlugt, und das von einigen Pferdestärken zeugende Motorengeräusch verraten auch dem Laien, daß hier jemand seinen Käfer zum Kraftpaket umgebaut hat.

 
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Unterm Sonnenschirm
Rund 700 Besucher bewunderten die fast 200 Fahrzeuge und genossen das schöne Wetter.

   Das Beschleunigunsfahren ist das Highlight der Käfer-Schau, die der Käfer-Club-Bielefeld in diesem Jahr zum 15.Mal organisiert hat. Eine 120 Meter lange Strecke müssen die Fahrer möglichst schnell zurücklegen, und Carotta ist der König: Mit seinem Rennkäfer schafft er die Strecke in weniger als sechs Sekunden - alleine allerdings, ohne Reporter auf dem Beifahrersitz.

   Fast 200 Käfer oder deren nahe Verwandte haben sich von ihren Fahrern am Sonntag auf das WISA-Gelände im Bielefelder Süden steuern lassen. Rund 700 Besucher bewundern blitzendes Chrom und lassen sich von den Besitzern erklären, was ihren Käfer von all den anderen unterscheidet. Wer eine Eintrittskarte gekauft hat, nimmt an einer Käfer-Verlosung teil.

   Mariano Carotta ist gleich mit zwei Fahrzeugen am Ort. "Ich habe einen Käfer-Spleen und muß Sachen haben, die andere nicht haben", sagt der Mann, der im Alltag mit einem Audi 100 eher unspektakulär unterwegs ist. Weil er beruflich mit Autos zu tun hat, kennt er sich aus und kann einen 34-PS Käfer in eine (vom TÜV abgesegnete) Rennmaschine verwandeln. "Theoretisch würde er wohl 210 oder schneller laufen, aber dafür ist die Karosse einfach nicht ausgelegt. Ab 180 wirds gefährlich, weil der Wind so stark in die Radkästen pfeift. Käfer sind keine Autos zum Schnellfahren."

   Viele der Besucher haben Ersatzzeile mitgebracht, die sie vor ihren Fahrzeugen zum Kauf anbieten. Denn wenn am Käfer etwas kaputt geht, ist die Reparatur meist nicht ganz einfach. "In Südamerika werden aber immer noch welche gebaut", weiß Holger Feuß, Vorsitzender des Käfer-Clubs. Gut 100 Exemplare gehen täglich vom Band und können bei Bedarf auch über hiesige Händler bezogen werden.

 
Hinter der Haube: Marko Meyer war mit seinem alten Schätzchen, Baujahr 1956, zur Käfer-Schau gekommen.
   
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   Bei einem Rennen würde Rainer Ruprecht von Mariano Carotta in Grund und Boden gefahren. Und doch liebt er seinen grauen Käfer, Baujahr 1961, über alles: "Den würde ich nie hergeben. Man hat mir schon 15.000 Mark dafür geboten." Rupprecht ist der andere Typ Käferfreund, den man auf der Käfer-Schau treffen kann. Er hegt und pflegt sein altes Schätzchen und freut sich, daß es heute noch so aussieht, wie vor 39 Jahren. "Ist alles original", betont der 53-Jährige, dem niemals in den Sinn kommen würde, mit seinem Käfer Ferrari-Ambitionen zu hegen. Er will alte Dinge erhalten und aufpolieren. Und wenn es regnet, bleibt der Käfer in der Garage.

   Wer gerne Käfer-Treffen besucht, kann das während der Sommermonate landauf, landab an jedem Wochenende tun. Dennoch haben die zahlreichen Clubs Nachwuchssorgen, und da macht Bielefeld keine Ausnahme.

   "Als wir uns 1985 gegründet haben, waren wir eine Gruppe von Lehrlingen, die sich mit dem Käfer endlich ein Auto leisten konnte", sagt Feuß. Aber heute wird das Käferfahren als Liebhaberei immer teurer, denn die alten Fahrzeuge haben keinen Katalysator. Und als Alltagswagen sind sie ohnehin nur bedingt geeignet. "Jeder von uns hat noch ein anderes Auto zu Hause. Der Käfer ist Hobby."

   Dennoch ist die kommende Auflage gesichert. Auch im nächsten Jahr wird die Käfer-Schau wieder auf dem laut Feuß dafür hervorragend geeigneten WISA-Gelände über die Bühne gehen.


 

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